Verschiedene Formen von Essstörungen

Verschiedene Formen von Essstörungen

Fress-Sucht (Adipositas permagna)

Adipositas permagna beschreibt die Fettleibigkeit, bei der sich übermäßig Fettgewebe bildet. Die Adipositas ist eine chronische Erkrankung. Ihre Vorstufe ist das Übergewicht. In Deutschland leiden 800.000 Menschen unter extremer Fettleibigkeit. 16 Prozent haben einen Body Mass Index (BMI) von 30 bis 40 und 40 Prozent einen von 25 bis 30.

Symptome der Fettleibigkeit sind Atemnot und Kurzatmigkeit im Schlaf, sogar länger als zehn Sekunden anhaltende Atemstillstände im Schlaf (Schlafapnoesyndrom), verstärktes Schwitzen, geringe Belastbarkeit, schnelle Ermüdung, Gelenkschmerzen, häufig Rücken- und Kniebeschwerden sowie mangelndes Selbstwertgefühl. Aufgrund der hohen Raten an Begleit- und Folgeerkrankungen der Adipositas, wie etwa Diabetes mellitus, Stoffwechselstörungen, Herz-Kreislauferkrankungen und Magen-Darm-Erkrankungen, ist ein langfristiges Behandlungs- und Betreuungskonzept erforderlich. Die Therapie basiert auf drei Säulen: Ernährungstherapie, Verhaltenstherapie und Bewegungstherapie.

Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa)

Von dieser Essstörung sind etwa 600.000 Menschen in Deutschland betroffen; international schätzungsweise zwei bis vier Prozent der Bevölkerung. Bulimie tritt häufig gegen Ende des Jugendalters, zwischen 18 bis 20 Jahren, und vor allem bei Mädchen auf. Anders als wie bei der Magersucht ist diese Erkrankung äußerlich kaum anzusehen. Betroffene sind meist schlank, sehr gepflegt und ehrgeizig. Kennzeichen der Bulimie sind häufige Essattacken, bei denen in kurzer Zeit große Nahrungsmengen gegessen werden. Daher leitet sich auch der Begriff von den griechischen Wörtern für Ochse (bous) und Hunger (limos) ab: Ochsenhunger.

Magersucht (Anorexia nervosa)

In Deutschland gibt es etwa 100.000 Betroffene – davon überwiegend junge Frauen. Eine Magersucht (Anorexia nervosa, etwa “nervlich bedingte Appetitlosigkeit”) besteht, wenn das Körpergewicht mindestens 15 Prozent unter dem minimalen Normalgewicht liegt. Extremer Gewichtsverlust ist das wichtigste Kennzeichen der Erkrankung. Fast immer nehmen Betroffene ihren Körper verzerrt wahr, fühlen sich trotz knöchriger Figur dick und haben panische Angst zuzunehmen. Magersüchtige haben extrem hohe Ansprüche an sich selbst. Sie sind oftmals sehr gut in der Schule/Beruf und obwohl es immer schwieriger wird, bringen sie lange gute Leistungen. Sie sind sehr ehrgeizig und vergleichen sich ständig mit anderen. Häufig gehen sie über ihre Grenzen hinaus.

Betroffene essen nicht mehr spontan und erst recht nicht gern. Vor allem in Gesellschaft finden sie stets Argumente, warum sie grade nicht essen wollen: “Ich habe schon gegessen, ich habe keinen Hunger, mir ist irgendwie schlecht” usw. Falls doch gegessen wird, dann nur fettarmes, kalorienreduziertes oder gesundes. Süßigkeiten, Fleisch und fettige Lebensmittel werden als erstes vom Speiseplan gestrichen. Aber auch sonst ist die Nahrungsauswahl oft sehr reduziert. Häufig wird das Essen zudem ritualisiert: Jeder Bissen muss x-Mal gekaut werden, oder es wird nur zu einer bestimmten Zeit oder extrem langsam gegessen. Manche greifen auch zu Babynahrung und löffeln Breigläschen. Im Extremfall wird die Zufuhr auf ein Minimum gedrosselt. Das heißt beispielsweise zwei Äpfel oder Rohkost und etwas Magermilchjoghurt am Tag. Einige Verhaltensweisen erscheinen widersprüchlich, sind aber typisch, beispielsweise, dass Magersüchtige Rezepte sammeln und für andere kochen und backen, aber selbst nichts essen.

60 Prozent der Magersüchtigen unterbrechen ihre Dauerdiät mit Essattacken – entweder, weil der Hunger unerträglich ist oder sie dem Drängen der Eltern oder des Partners nicht Standhalten können. In diesem Moment verlieren sie die Kontrolle über die Kontrolle und fühlen sich schlecht. Durch Erbrechen oder Abführmittel wird ihr Essanfall anschließend ungeschehen gemacht. Solche Betroffene zählen zum bulämischen Typ der Magersucht.

Die Magersucht kann großen Schaden anrichten. Denn das niedrige Gewicht wirkt sich auf den gesamten Stoffwechsel und alle Organe aus, und das Hungern macht seelisch krank. So können Angsttörungen, Zwangserkrankungen und depressive Verstimmungen entstehen.

Eine ausführliche Auflistung der Folgen und weitere Informationen finden Sie auf der Essstörungsseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA).

Krankhaftes Gesund essen (Orthorexia nervosa)

Bei dieser Essstörung steht nicht die Menge, sondern die Qualität des Essens im Vordergrund. Betroffene sind krankhaft fixiert auf gesundes Essen und versuchen ungesundes zu vermeiden. Sie grübeln mehrere Stunden über Nährwerttabellen, prüfen den Vitamingehalt der von ihnen verzehrten Lebensmittel und versuchen immer gesündere Lebensmittel zu bekommen. Der amerikanische Arzt Dr. Steven Bratman benannte die Krankheit erstmals 1997, angelehnt an die Anorexia nervosa (Magersucht) mit den griechischen Worten “ortho” (“richtig”) und “orexi” (“Appetit”).

Ess-Sucht (Binge-Eating-Disorder)

Wiederholte Essattacken kennzeichnen die Binge-Eating-Störung bzw. Binge Eating Disorder aus. “Binge” ist das englische umgangssprachliche Wort für ein Gelage und bedeutet schlingen. Hier leiden die Erkrankten an regelmäßigen Heißhungerattacken, die mindestens an zwei Tagen in der Woche über einen Zeitraum von sechs Monaten auftreten. Die Essanfälle haben mindestens drei der folgenden Merkmale: übermäßig schnelles Essen, Essen, bis das Völlegefühl unangenehm wird, Essen großer Nahrungsmengen, ohne körperlich hungrig zu sein, allein essen aus Scham oder Ekel, depressive Verstimmungen und große Schuldgefühle nach dem Essen. Anders als bei der Bulimie ergreifen die Betroffenen aber nach Essanfällen keine Gegenmaßnahmen. Sie erbrechen oder hungern nicht und treiben auch keinen extremen Sport, um ihr Gewicht zu vermindern. Sie sind häufig wenig körperlich aktiv.

Die Binge-Eating-Störung ist meist mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) verbunden und erhöht so das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus sowie Gelenkschmerzen. Das bedeutet aber nicht, dass Menschen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit automatisch an Binge Eating leiden. Auch Menschen mit Normalgewicht können daran erkranken. Von den psychisch bedingten Essstörungen ist das Binge Eating bisher am wenigsten erforscht. Internationale Schätzungen gehen von ein bis drei Prozent Betroffener aus. Eine amerikanische Untersuchung stellte fest, dass 1,6 Prozent der Frauen und 0,8 Prozent der Männer über 18 Jahre im Laufe eines Jahres an dieser Essstörung erkrankt sind.

Essstörung bei Sportlern (Anorexia Athletica)

Das ist die Bezeichnung für eine Essstörung bei Sportlern. Hier soll intensives Trainieren das Körpergewicht reduzieren, um ein bestimmtes Figurideal zu erreichen. Bei Männern ist auch der zwanghafte Wunsch immer mehr Muskelmasse aufzubauen als Muskelsucht bekannt. Psychologen schätzen, dass in Deutschland etwa ein Prozent der Bevölkerung von Sportsucht betroffen ist. Vor allem Athletinnen erkranken; dennoch ist auch bei Männern eine höhere Erkrankungsrate festzustellen. Auch durch eine Anorexia athletica entstehen, je nach Schwere und Art der Gewichtsreduktion, die üblichen Folgen einer Essstörung für den Körper.